Handwerk oder Handwerklichkeit?

Maren Klamser

Richard Sennet legt 2008 mit „Handwerk“ den ersten Teil eines dreiteiligen Werks vor, in der er aus verschiedensten Blicken über die materielle Kultur debattiert. Zu Beginn führt er in den Mythos der Büchse der Pandora ein. Sie sei der Ausgangspunkt allen Unheils und der damit einhergehenden Arbeit.
Doch was ist Arbeit: Ist Arbeit eine Strafe? Selbstzweck? Ein Rädchen der Wirtschaft? Eine Fertigkeit? Sennetts These, und auch Antwort auf die Frage, ist einfach und wirkungsvoll sogleich: für ihn gelten Laborarbeiter, Musiker oder Computerprogrammierer als Handwerker, am Ende sogar Philosophen. Alle zusammen gehen einem Handwerk nach, das nach technischer Perfektion strebt und einen Teil Selbstverwirklichung zur Folge hat. Sennett definiert Handwerker als Arbeiter, die gewillt sind, gute Arbeit zu leisten. Das Resultat ihrer Arbeit ist ihnen nicht egal, sondern sie wollen Qualität liefern. Damit sind alle Handwerker, die den Wunsch verspüren, "etwas Konkretes um ihrer selbst willen gut zu machen." Dieser Wunsch und das Erlebnis, ganz in seine Arbeit, an einem Werkstück versunken zu sein. Wenn Richard Sennett von handwerklichem Können spricht, so meint er mehr als nur technische Praxis. Er beschreibt damit einen grundlegenden menschlichen Impuls, das ist das Bestreben, eine Tätigkeit, um ihrer selbst willen gut zu machen.

Die meisten Dinge, die wir heute verwenden, machen wir nicht selbst. Das ist eine große Herausforderung beim Thema handwerklichen Könnens. Die Schwierigkeit liegt darin, die Qualität von etwas zu verstehen, das ein anderer gemacht hat. Blicken wir in die Vergangenheit, so wurden die meisten von den Menschen gebrauchten Gegenstände auch von ihnen selbst hergestellt. Reden wir heutzutage über Handwerk, so reden wir meist über die Nutzer des Handwerks, sowie die Handwerker selbst. Da manchmal die Dinge, die wir am besten gebrauchen können, das meiste Verständnis abverlangen, wie ein Teil oder ein Ganzes gebaut ist, ist es eine große Herausforderung für das Handwerk zu zeigen, wie etwas gemacht ist. Nichtsdestotrotz ist heutzutage besonders auffällig, wie viele Leute die arbeitsfreie Zeit mit manuellen Arbeiten verbringen - auch bekannt unter der „Do-it-yourself“- Bewegung. Sowohl auf technischer Basis, wie auch auf manuelle Arbeiten erstrecken sich die „Heimwerker“-Arbeiten von niederkomplex bis hin zu sehr komplex. Die Digitalisierung ermöglicht uns unser eigener Handwerker ohne traditionelle Handwerksausbildung zu sein. Sind wir uns den Titel des „Handwerkers“ ohne Handwerksausbildung überhaupt würdig oder handelt es sich vielmehr um eine Handwerklichkeit?